Warum Menschen in den sogenannten Blue Zones länger leben

Orte wie Sardinien, Okinawa oder Ikaria sind bekannt dafür, dass die Menschen dort deutlich älter werden und weniger an Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Demenz leiden. Doch was genau verbirgt sich hinter diesen sogenannten Blue Zones, und welche Lebensgewohnheiten tragen zur außergewöhnlichen Gesundheit der Menschen in diesen Regionen bei?

Was sind Blue Zones?

Blue Zones sind geografische Gebiete, in denen die Bevölkerung eine auffallend hohe Lebenserwartung und Lebensqualität aufweist. Typische Zivilisationskrankheiten wie Herzprobleme oder Demenz treten in diesen Regionen seltener auf. Besonders bemerkenswert ist der hohe Anteil von Menschen, die über 100 Jahre alt werden.

Der Begriff „Blue Zones“ stammt von Dan Buettner, einem Forscher und Journalisten, der eine National Geographic-Expedition leitete, um das Geheimnis eines langen Lebens zu ergründen. Er identifizierte fünf Regionen, die sich durch besonders hohe Lebenserwartung auszeichnen und markierte sie auf einer Karte mit blauer Tinte – daher der Name „Blue Zones“. Buettners Erkenntnisse wurden erstmals im November 2005 unter dem Titel „The Secrets of a Long Life“ im Magazin National Geographic veröffentlicht.

Die fünf Blue Zones

  1. Okinawa, Japan
    Die Bevölkerung auf den Okinawa-Inseln hat weltweit eine der niedrigsten Raten an Krebs-, Herz- und Demenzerkrankungen. Auch Infektionskrankheiten sind in dieser Region, vor allem bei älteren Menschen, weniger verbreitet.
  2. Loma Linda, Kalifornien, USA
    In Loma Linda lebt eine Gemeinschaft von Siebenten-Tags-Adventisten, deren Lebensstil ihnen eine der höchsten Lebenserwartungen in Nordamerika beschert.
  3. Sardinien, Italien
    Besonders in den Bergdörfern Sardiniens, etwa in Seulo, werden viele Männer über 100 Jahre alt. Zwischen 1996 und 2016 lebten in diesem Dorf 20 Hundertjährige – ein weltweiter Rekord.
  4. Nicoya-Halbinsel, Costa Rica
    Auf der Halbinsel Nicoya hat ein 60-jähriger Mann eine 4,8-prozentige Chance, 100 Jahre alt zu werden – eine ungewöhnlich hohe Wahrscheinlichkeit.
  5. Ikaria, Griechenland
    Auf der griechischen Insel Ikaria erreicht ein beträchtlicher Teil der Bevölkerung ein sehr hohes Alter. Mehr als 1 Prozent der Männer und Frauen wird über 90 Jahre alt, im Vergleich zu anderen Regionen Griechenlands, wo nur 5 Prozent der Bevölkerung das 80. Lebensjahr überschreiten. Depressionen und andere altersbedingte Erkrankungen treten hier deutlich seltener auf.

Gene und Lebensstil – was macht den Unterschied?

Eine dänische Studie mit Zwillingen ergab, dass etwa 20 Prozent der Lebensdauer genetisch bedingt sind. Der weitaus größere Einfluss, nämlich rund 80 Prozent, liegt im Lebensstil. Dies verdeutlicht, wie entscheidend gesunde Gewohnheiten für ein langes und erfülltes Leben sind.

Die Erkenntnisse aus den Blue Zones zeigen, dass es nicht nur um Genetik, sondern vor allem um Ernährung, Bewegung und soziale Bindungen geht. Diese Faktoren scheinen den Schlüssel zur außergewöhnlichen Langlebigkeit der Menschen in diesen Regionen zu bilden.

Blue Zones: Die „Power 9“ – Geheimnisse eines langen und gesunden Lebens

Warum leben die Menschen in den Blue Zones gesünder und länger als anderswo auf der Welt? Verschiedene Faktoren, wie Ernährung, Lebensgewohnheiten und soziale Verbindungen, scheinen eine große Rolle zu spielen. Forscher Dan Buettner identifizierte neun wesentliche Gemeinsamkeiten, die diese Regionen teilen. Diese „Power 9“ könnten den Alterungsprozess verlangsamen und das Leben verlängern:

Natürliche Bewegung
In den Blue Zones sind die Menschen von Natur aus ständig in Bewegung, ohne dass sie darüber nachdenken. Sie erledigen körperliche Arbeit im Alltag, bauen Gemüse in ihren Gärten an, arbeiten mit den Händen und sind viel zu Fuß unterwegs. Beispielsweise legen sardische Hirten täglich lange Strecken zurück, wenn sie mit ihren Tieren unterwegs sind.

Sinn im Leben
Auf Okinawa nennt man es „Ikigai“, in Nicoya „plan de vida“ – beide Begriffe stehen für den „Lebenssinn“. Diese Vorstellung, einen klaren Zweck im Leben zu haben, verleiht den Menschen eine tiefe Zufriedenheit, die nachweislich zu einem glücklicheren und längeren Leben führt.

Stressabbau
Auch in den Blue Zones gibt es Stress, aber die Menschen haben Techniken entwickelt, um ihn zu bewältigen. Auf Okinawa erinnern sich die Bewohner täglich an ihre Vorfahren, während die Siebenten-Tags-Adventisten regelmäßig beten. Auf Ikaria sind kurze Nickerchen ein fester Bestandteil des Tagesablaufs.

Die 80-Prozent-Regel
Die Menschen in Okinawa folgen einem alten konfuzianischen Prinzip: Sie essen nur, bis sie zu 80 Prozent satt sind. Das hilft, Überessen zu vermeiden. Ihre letzte und zugleich kleinste Mahlzeit nehmen sie in der Regel am späten Nachmittag oder frühen Abend zu sich.

Pflanzenbasierte Ernährung
In den Blue Zones wird überwiegend pflanzlich gegessen. Hülsenfrüchte wie Bohnen, Linsen oder Soja stehen im Mittelpunkt der Ernährung, ebenso wie Vollkornprodukte. Traditionelle Zubereitungsmethoden wie Fermentation werden häufig genutzt, um Nährstoffe zu erhalten und die Haltbarkeit zu verlängern. Fleisch wird nur selten konsumiert, oft weniger als fünf Mal im Monat.

Maßvoller Alkoholkonsum
In den Blue Zones wird Alkohol nur in Maßen getrunken, meist ein bis zwei Gläser am Tag, und das meist in Gesellschaft oder zu den Mahlzeiten. Die Adventisten aus Loma Linda verzichten komplett auf Alkohol.

Gemeinschaft und Zugehörigkeit
Starke soziale Bindungen fördern das Wohlbefinden und können das Leben verlängern. In Okinawa gibt es beispielsweise enge soziale Netzwerke, die den Menschen nicht nur emotionale, sondern auch finanzielle Unterstützung bieten. Diese Gemeinschaften stärken das Zugehörigkeitsgefühl und geben Halt.

Familie hat Vorrang
In den Blue Zones steht die Familie im Mittelpunkt des Lebens. Die Menschen pflegen enge Beziehungen zu ihren Familien, kümmern sich um ältere Verwandte und investieren Zeit und Aufmerksamkeit in ihre Kinder und Partner.

Gesunde soziale Netzwerke
Die ältesten Menschen leben oft in Umfeldern, die gesundheitsfördernde Verhaltensweisen unterstützen. Solche sozialen Kreise ermutigen zu einem gesunden Lebensstil und machen es leichter, selbst gesund zu leben.

Diese neun Gewohnheiten scheinen eine entscheidende Rolle bei der außergewöhnlichen Langlebigkeit und dem guten Gesundheitszustand der Menschen in den Blue Zones zu spielen.

Blue Zones: Ernährung als Schlüssel für ein langes Leben

Wenn man die Essgewohnheiten der Menschen in den Blue Zones untersucht, fallen einige wiederkehrende Muster auf. Besonders auffällig ist der starke Fokus auf pflanzliche Nahrungsmittel. Diese Gemeinschaften konsumieren überwiegend frisches, saisonales Obst und Gemüse, oft auch in fermentierter Form. Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte gehören regelmäßig auf den Speiseplan. Fleisch wird nur in kleinen Mengen gegessen, durchschnittlich etwa 250 Gramm pro Monat. Fisch steht ein bis zwei Mal pro Woche auf dem Tisch, allerdings ebenfalls in kleinen Portionen. Ein weiteres Merkmal ist, dass viele dieser Menschen ihre Lebensmittel selbst anbauen und Nutztiere halten, wodurch ihre Ernährung hauptsächlich aus regionalen und saisonalen Produkten besteht, die alle wichtigen Nährstoffe liefern.

Die Lebensmittel in den Blue Zones sind in der Regel unverarbeitet, das heißt, sie enthalten keine Zusätze und keine künstlichen Inhaltsstoffe. Milchprodukte werden nur in geringen Mengen konsumiert, meist in fermentierter Form, etwa als Ziegen- oder Schafskäse.

Zudem achten die Bewohner der Blue Zones darauf, stark verarbeitete Lebensmittel sowie solche mit hohem Zucker- oder Transfettgehalt weitestgehend zu vermeiden. In einigen dieser Regionen wird auch regelmäßig gefastet. Studien zeigen, dass dieser Prozess der „Zellreinigung“ den Körper bei der Regeneration unterstützen kann und dabei hilft, alte Zellen durch neue zu ersetzen.

Klima in den Blue Zones

Die Blue Zones befinden sich in verschiedenen Klimazonen weltweit. Okinawa hat ein subtropisches Klima, während Nicoya in den Tropen liegt. Sardinien, Ikaria und Loma Linda befinden sich hingegen in mediterranen Klimazonen. Trotz der unterschiedlichen geografischen Lagen verbindet diese Regionen ihre gesunde Lebensweise.

Was wir von den Blue Zones lernen können

In den letzten Jahren haben einige Kritiker die Langlebigkeit in den Blue Zones infrage gestellt. Es gibt Bedenken, dass die aufgezeichneten Altersangaben in diesen Gebieten ungenau sind oder sogar manipuliert wurden, beispielsweise um Renten zu erschleichen. Auch wird kritisiert, dass die Stichproben zu klein seien, um wirklich repräsentative Ergebnisse zu liefern. Ungeachtet dieser Kritik zeigen viele Studien, dass bestimmte Faktoren nachweislich die Chance auf ein langes und gesundes Leben erhöhen. Zu den wichtigsten gehören:

  • Gesunde Ernährung: Die mediterrane Küche gilt als eine der gesündesten der Welt. Sie basiert auf einer pflanzlich geprägten Kost, die viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte und Nüsse enthält. Olivenöl, insbesondere in seiner nativen Form, spielt eine zentrale Rolle. Milchprodukte werden nur sparsam verwendet, und Fleisch, wenn überhaupt, in Form von weißem Fleisch bevorzugt. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, täglich mindestens drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst zu essen, pflanzliche Fette wie Olivenöl anstelle von Butter zu verwenden, den Fleischkonsum zu reduzieren und Vollkornprodukte sowie Hülsenfrüchte in die tägliche Ernährung zu integrieren.
  • Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität fördert nicht nur den Stressabbau, sondern stärkt auch das Immunsystem und hilft, Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Diabetes vorzubeugen. Bereits kleine Veränderungen wie Spaziergänge, Treppensteigen oder kurze Bewegungseinheiten am Arbeitsplatz können einen großen Unterschied machen.
  • Stress reduzieren: Übermäßiger Stress kann die Gesundheit stark beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, sich regelmäßig Pausen zu gönnen, gezielt zu entspannen und eine Balance zwischen Verpflichtungen und Erholung zu finden. Ein gezieltes „Stressmanagement“ kann helfen, den Alltag weniger belastend zu gestalten.
  • Bessere Schlafgewohnheiten: Ausreichender Schlaf ist für die körperliche und geistige Regeneration unerlässlich. Ein fester Schlafrhythmus mit gleichbleibenden Schlafenszeiten kann helfen, die Schlafqualität zu verbessern und den Körper bestmöglich zu erholen.
  • Geistig aktiv bleiben: Soziale Interaktionen und geistig anregende Aktivitäten tragen dazu bei, die geistige Fitness zu erhalten. Das Lernen neuer Fähigkeiten, wie zum Beispiel einer neuen Sprache oder eines Musikinstruments, fördert die kognitive Leistungsfähigkeit und kann das Gehirn jung halten.

Insgesamt bieten die Lebensweisen in den Blue Zones wertvolle Erkenntnisse darüber, wie wir unsere Gesundheit und Langlebigkeit verbessern können.

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